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  • Nachruf Kerwe
vom Diesjährigen Pfarrer
Christian Spannagel

    Nachruf Kerwe vom Diesjährigen Pfarrer Christian Spannagel

    „Wir feiern Jubiläum, die Schlumbel ist die Krönung!“

    Kerwe 2025 – was für ein Fest für uns! Nicht nur das Jahr unseres 15-jährigen Bestehens, sondern auch die ehrenvolle Aufgabe, das Kerwekomitee mitsamt Kerweschlumbel zu stellen.

    Aber die Vorzeichen für dieses Event standen nicht gut. Sicherheitsbedingte Auflagen hatten im Vorfeld der Kerwe zur Einstellung ähnlicher öffentlicher Veranstaltungen geführt. Die ohnehin nicht gewinnorientierten 10 Vereine wurden mit zusätzlichen Kosten konfrontiert, sodass sich viele sichtlich verunsicherte Rauenberger fragten, ob dies nun die letzte Kerwe sein würde. Die Kerwe, die 1910 anlässlich der Kirchweihe zum ersten Mal stattfand. Vor einigen Jahrzehnten, als es z.B. noch über 40 Vereine in Rauenberg gab, sah die Kerwe ganz anders aus. Natürlich wird es in Zeiten schwindender Vereinszahlen & -Mitglieder immer schwieriger, diesem Fest den Glanz vergangener Tage zu verleihen. Aber wir reden hier nicht von einer „Veranstaltung“ im rein kommerziellen Sinne – wir reden hier von einem Kulturgut, das über die letzten 115 Jahren zu einer wichtigen, tragenden Säule der Rauenberger Kultur wurde. Auch in schwierigen Zeiten, mit denen unsere Vorfahren konfrontiert wurden, haben sie uns gezeigt: Wo ein Wille ist, da ist immer auch ein Weg.

    Let’s make Kerwe great again!

    Wir brauchen mal wieder eine Kerwe, die unserer Kultur und Tradition neues Leben einhaucht. Die zeigt, dass wir, die Rauenberger Leut, die Kerwe sind und damit auch maßgeblich entscheiden, wie wir sie gestalten. Die zeigt, wie sich auch in der heutigen Zeit unsere Tradition neu und spannend für alle Rauenberger interpretieren lässt (und nicht immer nur altes aufwärmt bis der Topf endgültig leer ist). Eine würdige Kerwe, die die Zweifel über ihre Zukunft gar nicht erst aufkommen lässt, und jedem bis hin zur Verwaltung klar macht, dass alles getan werden muss, um dieses Fest auch in Zukunft für die Rauenberger und ihren Gästen zu ermöglichen.

    Kein Problem für die Los Amigos:  Feiern ist unser Spezialgebiet.

    Sound, Culture, Friends: Was wäre da naheliegender, als die Kerwe mit einer musikalischen „Kerwe Hymne“ zu umrahmen, die alle Rauenberger von Anfang an abholt und den Kerwe-Spirit über drei Tage zu den Rauenbergern in die Straßen & Zelte trägt.

    Man nehme: Die Werte der Los Amigos, das bekannte Rauenberger Lied, aktuelles was Rauenberg beschäftigt, etwas KI-Support, Reaggae/Dancehall/Gospel Elemente, und schon hat man das Grundgerüst für einen Ohrwurm.

    Zugegeben: Das Komitee (Christian D., Nina, Manuela, Thomas S., Marie, Spanni, Bär, Erbse, Fabi) alleine hätten gesanglich keinen großen Wurf gelandet. Aber zum Glück konnten wir unsere Stimmtalente Joëlle an Bord holen, die sich zusammen mit Fabi als Leadsänger bereit erklärt haben. Für die nötige Stimmung/Support sorgen unserer extra für dieses Event gegründeten „Rawhill Kerwe Singers“ (Manuela, Spanni, Marie, Arni, Melissa, Wombi, Caro & Marvin). Nach finalem Feintuning durch Jens Weidenheimer (Danke-Danke-Danke lieber Jens!) und passenden Reden von Christian & Nina & Christian sowie meiner langjährigen Erfahrung als Messdiener konnte es losgehen – und schlug ein wie eine Bombe!

    Wildfremde Menschen kamen begeistert auf uns zu, teilten uns mit, dass das die Beste Eröffnung seit 20 Jahren war. Wollten wissen wo sie den Song herunterladen können und ob ich nicht gerne Pfarrer in Rauenberg werden möchte. Ab da lief die Party auf 100%, so wie wir uns das gewünscht hatten.

    One Love, One Kerwe

    Doch das war erst der Anfang. Nach unserer Runde mit der amtsführenden Bürgermeisterin Christiane Schütt-Berger war der traditionelle Teil vorüber und wir ließen es in unserem gut besuchten Kerwestand krachen. Noch an diesem Abend hatte ich ein paar berührende Gespräche mit Freunden, die uns kennen und das, was wir gerade losgetreten hatten, schätzen. Ging runter wie Öl.

    Sonntagmorgen Winzerspaß – das Leben geht weiter. Um den Vereinspflichten nachzukommen haben die traditionell als „Hasebabys“ verkleideten Läufer Christian D. und Thomas W. eine sensationelle Zeit hingelegt die eines Kerwekomitees mehr als würdig war. Es sollte kein Sieg sein, aber einige Knalltraumas und VfB-Erfrischungsgetränke später war es endlich soweit: Jetzt kommt der Kerwe-Umzug auf den sich alle freuten.

    Unser mit jamaikanischen Flaggen und Soundsystem bestückte Kerwe-Wagen nahm diesmal Aufstellung in der Pfarrgartenstrasse wo sich die Amigos mit ihren Kids und dem Komitee trafen. Mit passenden Klamotten und Fahnen waren wir auch optisch nicht zu übersehen.

    Ausgestattet mit Nebelmaschinen und Konfetti-Kanonen ging es endlich los. Aber der Umzug mit unserer Schlumbel Losamina III und dem Komitee an der Spitze kam nicht richtig vorwärts, und da der Sound nach hinten gerichtet war kam an der Spitze auch keine richtige Stimmung auf. Also haben wir uns kurzerhand nach hinten verlagert um gemeinsam unsere Kerwe-Hymne anzustimmen – da war sie wieder, die Party der Amigos die alle ansteckt.

    Das Ende führt traditionell ins Rebstöckel – offensichtlich völlig egal welche Route der Umzug nimmt. Auf dem Weg dahin noch eine Zwischenstopp-Darbietung vor dem Altersheim, dessen Balkon von einigen Amigos belagert wurde. Vier Strophen Rauenberger Lied mit dem VfB später sind wir endlich am Rebstöckel angekommen. Wie die Party dort verläuft wissen wir ja alle zu gut…

    Nach einer erholsamen „Schnitzel mit ganz viel Soß“ Pause und besinnlichem Dudelsackgedüdel ruft die Pflicht wieder. Ein für uns reservierter Tisch zum Karaoke-Abend in der Sängerklause brachte die über die Kerwe zerstreute Crew inklusive ausgebüchster Schlumbel wieder zusammen. Die Stimmbänder hatten zwar schon ziemlich vom Umzug gelitten, doch ein letzter Auftritt heute noch. Voller Erfolg.

    Rawhill Time

    Okay, ich hatte den Wecker am Montagmorgen vorsätzlich ignoriert, aber als wir uns auf dem Schlachtfest eingefunden hatte und ich mir den ersten Bissen Füllsel mit Sauerkraut & Wellfleisch zum Frühstück reingeschaufelt hatte, wusste ich wieder wofür es sich gelohnt hat aufzustehen. Dazu Weißherbst-Schorle groß und bitte schön gekühlt – ein Gedicht.

    Auch hier erfüllen wir unseren musikalischen Auftrag (wenn auch mit etwas Mühe), und einige Gäste tanzen (und singen sogar) begeistert mit. Kaum zu glauben. Egal mit wem ich ins Gespräch komme, bekannt oder gerade kennen gelernt: Es kommen nur positive Vibes entgegen. Niemand stellt uns oder das, was wir hier gerade abziehen, in Frage. One Love! Nur sind wir hier nicht auf dem Summerjam-Festival, sondern auf dem VfB Schlachtfest.

    Dann die Verabschiedung. Ja, muss sein, gehört dazu. Wen interessiert es, ich selbst war zuletzt bei Losamina II auf einer Verbrennung. Dennoch war der Platz überraschend gut besucht. Unser Abschiedslied „Mach’s gut, Losamina“ zur Verbrennung und die andächtige Stimmung aller Anwesenden machten dies zu einem besonderen Moment, der am Ende des Liedes noch eine Weile in gemeinsamer Stille verharren durfte.

    Wie im Drehbuch.

    Unser letzter Auftritt im Zelt des Fanfarencorps war akustisch der schlechteste. Nur noch die Hälfte von uns vor Ort von denen keiner ehr richtig singen konnte, und die Anlage hatte unseren Sound völlig vermurkst. Aber das war völlig egal: Das Zelt rockte und feierte uns als gäbe es keinen Morgen. Nachdem auch das überstanden war, holte Fabi noch den Ghettoblaster und wir feierten trotz Security Sperrstunde auf dem Platz davor weiter. Unsere Hymne lief in Endlosschleife und alle möglichen Leute tanzten und sangen unser Lied zum Ende einer gelungenen Party, die unsere Handschrift trägt und sicherlich nicht so schnell in Vergessenheit geraten wird.

    Ziel erreicht.

    Los Amigos Rawhill e.V.